Erklärung der VVN-BdA Nürnberg zum Prozessauftakt gegen den Neonazi Rausch am 17.02.2011

5. März 2011

Am vergangenen Donnerstag (am 17.02.2011 die Red.) fand vor der Schwurgerichtskammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth der erste Verhandlungstag gegen den stadtbekannten Neonazischläger Peter Rausch statt, der bekanntlich am 28.April 2010 einen 18- jährigen Mann in der Nürnberger U-Bahn fast zu Tode prügelte. Das Verfahren wurde im berühmten Saal 600 eröffnet, in dem die Nürnberger Prozesse stattfanden. Dabei kam es im Laufe der Verhandlung zu höchst skandalösen Vorfällen.

So wurde einer Gruppe bekannter Neonazis, die aus ganz Bayern angereist waren, schon vor Beginn der Verhandlung zuvorkommend Einlass gewährt. Als diese nach der Mittagsunterbrechung erneut in den Saal drängten, der aber bereits gefüllt war, provozierten und beleidigten sie andere Prozessteilnehmer und griffen schließlich auch einzelne Bürgerinnen und Bürger an.

Aber anstatt einzugreifen und die rechtsextremen Provokateure vor die Tür zu setzen, ordnete das Gericht an, dass für sie Bänke freizumachen seien. Prozessteilnehmer, die gegen dieses Vorgehen zugunsten der Neonazis protestierten, wurden gewaltsam aus dem Saal gezerrt.

Dieses einseitige Parteiergreifen für bekennende „Nationalsozialisten“ im berühmten Saal 600 des Nürnberger Gerichtsgebäudes kann nicht akzeptiert werden.

Die Stadt Nürnberg hat vor einigen Wochen nach unserer Auffassung zu Recht die Aufnahme des Saal 600 in das Weltkulturerbe beantragt. In der Begründung heißt es dazu u.a.: “ Der Saal 600 steht authentisch wie kaum ein zweiter Ort für das Urteil der Weltgemeinschaft über die Verbrechen, die im deutschen Namen begangen wurden und auch immer mit dem Namen Nürnberg verbunden sein werden.“

Jetzt ordnete ein Gericht an, dass demokratisch engagierte Menschen brutal von Sicherheitskräften aus eben diesen Saal gezerrt werden, um Teilnehmern, die sich als Nachfahren der Nazi-Verbrecher von einst verstehen, Zuhörerplätze zu verschaffen! Das kann man nur als Verhöhnung der Opfer des Nazi-Regimes wie auch des jetzigen Opfers bezeichnen.

Die VVN- BdA Nürnberg fordert die Nürnberger Justiz auf, die Vorfälle vom 17.02. aufzuklären! Insbesondere gilt es nach unserer Auffassung zu klären:

Gab es bereits vor dem Prozess Absprachen mit den Neonazis bzw. ihren Sprechern über die Platzverteilung im Saal 600? Gab es von irgendeiner Seite den Vorsatz solche „Tumulte“ zu provozieren, um das Verfahren gegen den bekennenden Neonazis und Schläger P.Rausch „bewusst“ in eine bestimmte Richtung zu lenken?

Es ist schließlich bekannt, dass bereits im Vorfeld der Untersuchungen von Polizei und Justiz versucht wurde, den rechtsextremen Hintergrund des Überfalls auszublenden. Die jetzt beschlossene „Konsequenz“, die weiteren Verhandlungen in einem kleineren Saal fort zu führen, und damit die Öffentlichkeit einzuschränken gibt noch mehr Anlass zu solchen Vermutungen.

Nach den skandalösen Vorfällen vom ersten Prozesstag ist es mehr denn je notwendig, den Prozess und die Begleitumstände genau zu verfolgen.

gez. Georg Neubauer für den Vorstand der VVN-BdA, KV Nürnberg