Polizei und Staatsanwaltschaft kriminalisiert Nazigegner

1. November 2008

In unserem letzten Rundbrief berichteten wir über den Versuch von Bamberger Staatsanwaltschaft und Polizei, die Antinazi-Demonstranten in Gräfenberg zu kriminalisieren. Erfreulicherweise wurde jetzt auch in den hiesigen Medien über dieses höchst merkwürdige Vorgehen der Staatsmacht etwas umfassender berichtet. (U.a. NN, 23.10.2008) Auf dem Tisch liegt zudem ein Bericht der Bamberger Kripo, warum sie bzw. der Staats- und Verfassungsschutz sich so sehr um unseren Kameraden Günter Pierzig „kümmern“ und ihn wie einen Kriminellen behandeln:

„Nach Erkenntnissen hiesiger Dienststelle nimmt Herr Pierzig regelmäßig an Gegendemon-strationen zu den NPD-Aufzügen in Gräfenberg teil“ (siehe Rückseite)

Oh heilige Einfalt möchte man fast feststellen! Jetzt wissen wir endlich, was „Verfassungs-schützer“ in Gräfenberg treiben. Nicht die NPD haben sie im Visier. (Einige von ihnen laufen als V-Männer wohl auch mit der Nazitruppe.) Nein, sie zählen die Gegendemonstranten und wer wann und wie oft dabei war. Darüber fertigen sie dann dicke Berichte für diensteifrige Polizeiinspektionen.

Mit Einfalt allein ist es aber leider nicht getan. Diesen sogenannten „Staatsschützern“ geht es nicht nur darum sich wichtig zu machen. Es geht um die Kriminalisierung des antifaschistischen Widerstands insgesamt. Das Demonstrationsrecht und Recht auf Widerstand wird dabei mit Füßen getreten. Und vor allem soll mit solchen hochintelligenten „Erkenntnissen“ der Widerstand gegen die Nazi-Plage in Gräfenberg gespalten werden. Die VVN-BdA hat auf ihrer Landesdelegierten-Konferenz am 18.Okt. in Dachau gegen dieses rechtswidrige Vorgehen protestiert und zur Solidarität mit allen Betroffenen aufgerufen.

Solidaritäts- und Protesterklärung

Nahezu 300 BürgerInnen haben sich im Juli 2008 in Gräfenberg einem Naziaufmarsch mit einer Sitzblockade in den Weg gestellt. Die Nazis konnten deswegen ihre vom Landratsamt genehmigte Demonstrationsroute nicht durchführen.

Wir, die Teilnehmer der Landeskonferenz der VVN-BdA, solidarisieren uns mit dieser Aktion des Widerstands gegen die ständigen NPD-Aufmärsche in Gräfenberg. Mit ihr wurde die von Politik und Medien immer wieder geforderte Zivilcourage gegen Antisemitismus und Rassismus in die Tat umgesetzt.

Allen TeilnehmerInnen der Sitzblockade versichern wir unser Hochachtung und Solidarität. Gleichzeitig protestieren wir energisch gegen das diskriminierende Vorgehen von Polizei und Staatsanwaltschaft.

Es ist unerhört, dass von den 300 GegendemonstrantInnen über 50 Personen nach der Widerstandsaktion Vorladungen der Polizei wegen „Nötigung“ erhielten und die Bamberger Staatsanwaltschaft selbst jetzt noch Ermittlungen gegen einzelne TeilnehmerInnen durchführt. Als geradezu skandalös betrachten wir den Tatbestand, dass einige Teilnehmer, darunter auch Mitglieder der VVN-BdA, eine Vorladung zur „Erkennungsdienstlichen Behandlung“ erhielten.

Diese Kriminalisierung von aktiven AntifaschistInnen weisen wir ganz entschieden zurück.

Wir fordern die Staatsanwaltschaft Bamberg auf, alle Ermittlungen nach § 170 StGB sofort einzustellen.

Wir erklären, dass wir auch weiterhin mit allen unseren Kräften den zivilen und gewaltfreien Widerstand gegen die Neofaschisten in Gräfenberg mit allen Kräften unterstützen.

Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen.